Übersicht
Die Kettenschenkung stellt eine Schenkungsform dar, bei welcher zuerst eine Schenkung an einen Angehörigen, sinnvollerweise mit hohem Steuerfreibetrag, durchgeführt wird, welcher sodann an eine dritte Person weiterschenkt. Auf diese Weise lassen sich die individuellen Freibeträge bei Schenkungen nutzen, welche von 20.000 € bis 500.000 € variieren, und die Person, der die Schenkung eigentlich zugutekommen soll, hat keine oder nur deutlich geringere Steuern zu zahlen. Damit diese Vorgehensweise funktioniert und das Finanzamt keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) unterstellt, sind jedoch einige Punkte zu beachten.
Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Frage der steuerlichen Behandlung von Kettenschenkungen schon mehrfach beschäftigt und Grundsätze aufgestellt, unter Beachtung derer Kettenschenkungen möglich sind. In seiner (aktuellen) Entscheidung vom 28. Juli 2022 (II B 37/21) geht der Bundesfinanzhof sogar einen Schritt weiter und konkretisiert nochmals seine bisherigen Grundsätze.
Sachverhalt und Entscheidung des BFH
Der Vater übertrug im vorliegenden Fall ein Grundstück auf seine Tochter. Diese übertrug gleichzeitig die Hälfte des Eigentums auf ihren Mann, den Kläger, womit die beiden Eheleute Eigentümer des Grundstücks zu gleichen Teilen wurden. Die Schenkung des Grundstücks wurde hier mit nur einem einzigen notariell beurkundeten Vertrag durchgeführt. Dies gab dem Finanzamt Anlass, eine direkte Schenkung des Schwiegervaters an den Kläger anzunehmen und dementsprechend den Freibetrag von nur 20.000 € anzuwenden anstelle der 500.000 € im Verhältnis Ehefrau-Kläger. Der Bundesfinanzhof stellte in seiner Entscheidung jedoch fest, dass trotz der zwei Schenkungen in einer Urkunde, die Tochter noch frei über die Schenkung entscheiden konnte. Somit lag kein unzulässiger Gestaltungsmissbrauch vor und die Berücksichtigung des Freibetrags zwischen Vater und Tochter in Höhe von 400.000 € bei der ersten Schenkung sowie anschließend der Freibetrag zwischen den beiden Eheleuten in Höhe von 500.000 € ließ die Schenkungssteuer vollständig entfallen.
Fazit
Maßgeblich ist bei Kettenschenkungen also immer, ob die weitergebende Person eine Entscheidungsbefugnis bzgl. der Verwendung der zugewandten Schenkung hat. Keine der Personen in der Kette darf zur Weiterschenkung verpflichtet sein, so darf die Schenkung etwa auch nicht unter dem Vorbehalt einer Rückforderung stehen, für den Fall, dass die zuerst beschenkte Person die Schenkung nicht weitergibt.
In früheren Entscheidungen des Bundesfinanzhofes wurde auf getrennte notarielle Urkunden abgestellt, da ansonsten der zuerst Beschenkte regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit erlangen würde. Der aktuelle Fall zeigt jedoch, dass im Einzelfall auch bei Vorliegen von nur einer notariellen Urkunde von einer zulässigen Kettenschenkung ausgegangen werden kann, solange auch hier deutlich wird, dass der Erstbeschenkte keiner Verpflichtung zur Weiterschenkung unterliegt. Eine Ausführung der Schenkungen in zeitlichem Abstand und mit getrennten Urkunden ist allerdings dennoch zu empfehlen, wenn man sich nicht mit dem Finanzamt auseinandersetzen möchte.
Generell bleibt empfehlenswert, eine Kettenschenkung gut zu planen und ggf. rechtliche sowie steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen.